Beschränktes Gutachten nach beschränkter Ausschreibung nach beschränkter Planung bei immer gleichem Verfahren ergibt immer das gleiche Ergebnis

Vorgeschichte

Die Entscheidung zur Gründung des AS wurde auf Basis einer Untersuchung von IGW von 1998 bis 2002 dann im Jahr 2002 getroffen und der AS 2003 gegründet.

Dem vorweg ging ein Projekt des Landkreises Northeim zur Produktion von Wasserstoff aus Abfällen.

Diese Versuchsanlage zur thermischen Abfallverwertung (VTA Northeim) sollte 100.000 t pro Jahr Abfall aus dem Landkreis Northeim unter Hinzuziehung von weiteren Abfällen aus der Region, darunter auch Stadt und Landkreis Göttingen, verwerten.

Nachdem das Projekt genehmigt worden war, mit der EAM und anderen Akteuren auch Investoren bereitstanden, fehlte jedoch die Zustimmung der Stadt und des Landkreises Göttingen. Das Projekt konnte aufgrund dieser fehlenden Restabfallmengen nicht realisiert werden.

Es wäre ein internationales Leuchtturmprojekt zur Erzeugung von Wasserstoff aus Abfällen geworden und hätte bis heute in seiner Art so betrieben werden können. Mit dem Abbruch des Wasserstoff-Projektes 1998 wurde von der Stadt Göttingen die Planung des AS begonnen.

2003 wurde zunächst an den kurz vor der Insolvenz stehenden Anlagenbauer Farmatic und nach dessen Insolvenz an den Anlagenbauer AMB (damals Null Referenzen für Vergärung) eine Anlagentechnik vergeben, die von allen beteiligten Anlagenbauern als Prototyp bzw. Versuchsanlage bezeichnet wurde. Das wurde jedoch so nicht von den Politiker*innen und vor allem nicht vom AS gegenüber den Bürgern kommuniziert.

2006 gab es eine Havarie, deren Ursache bis heute offiziell nicht geklärt wurde. Bis 2010 wurde die Anlage wiederaufgebaut und durch IGW/Prof. Fricke die erfolgreiche Wiederinbetriebnahme und vollständige Funktion der Anlage bestätigt (Quelle: BUND Kreisgruppe Northeim, https://www.bund-northeim.de/fileadmin/northeim/Anschreiben_06.07.2020-3.pdf).

2017 wurde die Ausschreibung und Begleitung der Realisierung des Umbaus dieser Anlage von Nass- auf Trockenvergärung an das Witzenhauseninstitut beauftragt, einer Nachfolgegesellschaft von IGW/IGLux. Dies geschah mit der Maßgabe, ausschließlich ein Verfahren zu planen, das vorher in Wiefels ebenfalls vom Witzenhauseninstitut begleitet und dort von Waste Treatment Technologies Netherlands B.V. (WTT) gebaut wurde.

In der Entscheidungsvorlage für die Beauftragung der Planung wurde im Wesentlichen die Firma WTT als geeignete Firma für die Realisierung benannt.
Die Kosten der Realisierung wurden auf 7 Mio. Euro geschätzt. Obwohl es diverse Verfahren zur Restabfallvergärung gibt, wurde explizit nur das Verfahren von WTT ausgewählt. Nachdem in der Ausschreibung nur drei Angebote eingereicht wurden und WTT nicht das günstigste Angebot abgegeben hatte, wurde die Ausschreibung aufgehoben. Zu beachten ist, dass die Ausschreibung keine Varianten/Alternativangebote zum WTT-Verfahren zugelassen hat.

Zum vorliegenden Gutachten von u.e.c. Berlin

Nachdem der Landkreis Northeim wegen der gescheiterten Ausschreibung aus dem AS auszuscheren drohte, wurde erstmals seit 1998 ein neues Planungsbüro (u.e.c. Berlin) damit beauftragt, die vom Witzenhauseninstitut durchgeführten Variantenvergleiche zu prüfen.

Das Gutachten untersucht zwar diverse Varianten zur Ausführung des WTT-Verfahrens, jedoch werden weiterhin keine alternativen Vergärungsverfahren zum WTT-Verfahren untersucht.

Die Kritik des Landkreises Northeim, dass nicht geprüft wurde, ob das Verfahren unter Nutzung bestehender Komponenten und Bautechnik mit genehmigungskonformer energetischer Verwertung der Gärreste nach der Trocknung optimiert werden könnte, wurde in diesem Gutachten nicht berücksichtigt.

Es würde also nicht überraschen, wenn in einer neuen Ausschreibung WTT oder die Convertus-Gruppe, zu der WTT seit 2019 gehört, den Zuschlag erhalten würde.

Das nun vorliegende Gutachten, das der AS in Auftrag gegeben hat, erstreckt sich über 48 Seiten. Es enthält etliche Details, die leicht darüber hinwegtäuschen können, dass die Anforderung, auch andere Alternativen und Varianten außer des WTT-Verfahrens zu prüfen, überhaupt nicht berücksichtigt wurde. Hier wären Verfahren zu nennen, wie Kompogas, TTV Thöni, STRABAG, Martin, Dranco, Vallorga, BTA, Input, OWS, Agraferm etc., die nicht einmal erwähnt, geschweige denn betrachtet wurden. Dies ist umso erstaunlicher angesichts dessen, dass das Witzenhauseninstitut regelmäßig auf dem Jahrestreffen der Branche in Kassel über all diese Verfahren berichtet. Die Anbieter zahlen viel Geld, um an diesen Veranstaltungen vom Witzenhauseninstitut beim „Forum Wissen“ teilnehmen zu dürfen.

Nicht ein einziges kontinuierliches Trocken- oder Nassvergärungsverfahren ist im Rahmen des Gutachtens geprüft worden, obwohl diese Verfahren für die Restmüllbehandlung international Stand der Technik sind.
Das Gutachten folgt also dem Muster der vorigen Ausschreibung, welche Varianten und Alternativangebote zum WTT-Verfahren ausgeschlossen hatte.

Es geht hier ausdrücklich nicht um den Vorwurf an das Gutachterbüro, mit dem Gutachten seine Aufgabe verfehlt zu haben. Es ist gerade bei der Beauftragung eines Gutachtens für das spätere Ergebnis wichtig, welche Unterlagen zur Verfügung gestellt wurden und mit welchen Fragestellungen das Gutachten beauftragt wurde. Beim Lesen des Gutachtens fällt auf, dass für die Variante Weiterbetrieb der Vergärung nur Substanzerneuerungen geplant wurden, aber keine einzige Verfahrensverbesserung kalkuliert wurde. Jedoch werden gigantische Kosten für laufende Nachinvestitionen aufgrund der starken Abnutzung der aktuellen suboptimalen Anlagen- und Verfahrenstechnik kalkuliert.

Es ist aber aus Berichten des AS bekannt, dass mit einfachen Mitteln die laufenden Betriebskosten und Entsorgungs- bzw. Verwertungskosten der Nassvergärung wesentlich reduziert werden könnten. Es kann natürlich nicht Sache des Gutachters sein, die Planung einer Anlagenoptimierung zu übernehmen, zudem wenn der Gutachter ganz transparent auf seiner Internetpräsenz (http://www.uec-berlin.de/referenzen/?kat1=Vergaerung; Referenzen Vergärung: 0 Referenzen) darüber informiert, dass er zwar über vierhundert Referenzen auf dem Gebiet der Abfallwirtschaft hat, jedoch Null Referenzen für Vergärung von Restabfall.

Die Frage ist heute also, ob die hier beschriebene Eigenmächtigkeit des Ausschlusses anderer Verfahren durch den Gutachter oder durch die Aufgabenstellung in genau dieser Richtung durch die Geschäftsführung des AS erfolgte.

Schlussbemerkung

Abschließend ist noch anzumerken, dass auch die Anpassung der Anlage im Bioenergiezentrum Göttingen Königsbühl zwecks Vergärung des Bioabfalls zunächst 2005 bis 2006 als Eigenentwicklung nach einem WTT-ähnlichen Verfahren mit Begleitung durch IGW erfolgte.
Nach der Brandkatastrophe im Jahr 2016, deren Ursache nie geklärt wurde, wobei Brandstiftung explizit nicht ausgeschlossen wurde, wurde WTT direkt mit dem Wiederaufbau der Anlage beauftragt.

Die Ausschreibung erfolgte damals durch ui, die ebenfalls zur Gruppe Leonardon, wie auch das Witzenhauseninstitut, gehörte. Auch beim Wiederaufbau für das Bioenergiezentrum kam es zu einer Kostenexplosion von über 50 %, von 9,7 Mio. auf über 15 Mio. Euro, wie das Göttinger Tageblatt am 16.11.2018 berichtete.

Göttingen, 4.2.2021

Ratsgruppe Göttinger Linke/ALG im Stadtrat Göttingen
Fraktion DIE LINKE im Kreistag Göttingen
und
Fraktion DIE LINKE/NORTHEIM 21 im Kreistag Northeim