Tarifauseinandersetzung in den Tochter GmbHs der Uniklinik

Viele Göttinger*innen haben in den letzten Monaten die Tarifauseinandersetzung an der UMG Gastronomie GmbH verfolgt und sich auch solidarisch mit den Streikenden gezeigt. Auch in den Göttinger Blättern wurde schon berichtet.

Wie ist der aktuelle Stand?

Vor Ostern waren die Verhandlungen festgefahren. D.h. die Forderungen der Beschäftigten (Angleichung an den Tarifvertrag der Uniklinik) bedeuteten konkret Entgelterhöhungen um min. 30-40%. Die ersten Angebote seitens der GmbH waren dagegen so gering, dass die Beschäftigten sie für nicht verhandlungsfähig erklärten und Streiks beschlossen.

Die Streiks der KollegInnen zeigten dann aber Wirkung: Die Eigentümerin der UMG Gastronomie GmbH, also die Uniklinik, gestand der Geschäftsführung der eigenen Tochterfirma einen erweiterten Verhandlungsspielraum zu, der es ihr letztlich ermöglichte, zumindest ein verhandlungsfähiges Angebot zu unterbreiten. In Folge beschlossen die KollegInnen zunächst die Streiks auszusetzen.

Die Verhandlungen sind komplex, da es nicht „einfach nur um Entgelt“ geht, sondern auch um viele andere Regeln. Zurzeit arbeiten ja die Altbeschäftigten der UMG nach dem Tarifvertrag der Länder, für die GmbH-Beschäftigten kommen verschiedene Regelungswerke zur Anwendung.

Für den Bereich der Gastronomie entstammen die meisten kollektiven Regelungen dem Manteltarifvertrag des Deutschen Hotel- und Gaststätten Verbandes (DeHoGa), abgeschlossen mit der Gewerkschaft NGG. Nur die sogenannte Entgeltordnung und die Entlohnungstabellen konnten schon vor einigen Jahren durch einen besseren ver.di Haustarifvertrag ersetzt werden.

Nun wollen die KollegInnen aber nicht nur deutliche Verbesserungen ihrer Löhne durchsetzen, sondern eben auch viele andere Verbesserungen, wie z.B. eine höhere Jahressonderzahlung, mehr Urlaub oder Zuschläge für Arbeiten am Sonn- und Feiertag, Überstunden etc.. Deshalb ziehen sich die Verhandlungen hin.

Ausblick UMG Klinikservice GmbH:

Auch die Beschäftigten bei der großen UMG-Tochter Klinikservice GmbH (KSG) stehen vor einer Tarifauseinandersetzung. Hier bauen die KollegInnen aber zunächst noch eigene Stärke auf, bevor sie die Arbeitgeberin zu Verhandlungen auffordern. Das heißt sie wählen z.B. Team-Delegierte aus allen Bereichen, um eine demokratische Forderungsdiskussion und Verhandlungsführung zu ermöglichen, und letztlich auch Konflikt- und Streikfähigkeit herzustellen.

Diese Tochterfirma ist die größte der UMG, mit insgesamt ca. 1.100 Beschäftigten. Durch sie werden Stationen und OP-Säle gereinigt, Patient*innen im Haus transportiert oder die Wäsche gewaschen.

Hintergrund:               

Hintergrund des Outsourcings, der Auslagerung und Fremdvergabe auch im Krankenhaus ist die systematische Vermarktlichung unseres Gesundheitswesens. Denn der Systemwechsel, weg von einer bedarfsorientierter Finanzierung und hin zu einem Marktsystem, zwingt die „Anbieter“ sich auf diesem „Gesundheits-Markt“ in Konkurrenz zu anderen Anbietern zu behaupten und Kosten zu senken. Beschäftigte werden zu Kostenfaktoren, Patienten werden zu Kunden, Gesundheitsversorgung wird zur Ware.

Patientenversorgung „muss sich rechnen“, sonst macht das Krankenhaus Verluste und wird sich nicht lange am Markt behaupten. Das gilt auch für die „öffentlichen“ Krankennhäuser, die nicht wie die Privaten noch zusätzlich „Gewinne“ erwirtschaften müssen. So ist auch die Uniklinik ständig dem Druck des Fallpauschalen-Finanzierungssystems ausgesetzt, welches zudem die Maximalversorger noch besonders schlecht refinanziert (aufgrund der hohen Vorhaltekosten dieser Krankenhäuser).

Zudem sind verschiedenste Landesregierungen ihrer Verpflichtung nicht nachgekommen, die Infrastruktur zu erhalten und zu erneuern, weshalb auch hierfür Mittel erwirtschaftet werden müssen, die eigentlich der Patientenversorgung und Beschäftigten zukommen sollten.

Ohne eine radikale Kehrwende in der Finanzierung ist der Misere also nicht wirklich beizukommen, was bei den derzeitigen politischen Kräfteverhältnissen allerdings als wahrscheinlich erscheint.

Aus Linker und gewerkschaftlicher Sicht tragen den Schaden dieser Politik nicht nur die Beschäftigten durch Niedriglöhne, Auflösung des Solidarität in der Belegschaft, mangelhafte Jobsicherung, geschwächte betriebliche Interessenvertretung etc... sondern auch die Bevölkerung insgesamt.

Denn die Zersplitterung der Belegschaft steht auch einer guten Patient*innenversorgung entgegen, die immer nur durch eine Teamleistung möglich ist und welche durch die Aufspaltung der Belegschaften eben massiv behindert wird.

(Du brauchst eben nicht nur eine fähige Operateurin für eine gelungene OP - ebenso wichtig ist eine hygienisch einwandfrei geputzte Station, wenn Du nicht kränker aus dem Krankenhaus nach Hause kommen willst, als du reingehst.)

Veröffentlichung in den Göttinger Blättern Juni 2022