Antrag zur Kreistagssitzung am 7. März 2018: Zuschuss für den Verein „Medinetz Göttingen“

Kreistag

Der Kreistag möge beschließen:

Zur medizinischen Versorgung von Menschen ohne ausreichenden Zugang zu medizinischer Regelversorgung gewährt der Landkreis Göttingen dem Verein „Medinetz Göttingen“ einen Zuschuss von 3.500,– Euro für das Jahr 2018.

Begründung:

Der Kreistag wendet sich gegen jede ungleiche medizinische Versorgung von Menschen aufgrund von Armut, Herkunft, Nationalität, Aufenthaltsstatus oder Geschlecht. Der Kreistag stellt fest, dass jeder Mensch einen Anspruch auf medizinische Versorgung entsprechend einer Behandlung auf dem Niveau einer Gesundheitsleistung im Rahmen von medizinischer Regelversorgung haben soll.

Es gibt Menschen im Landkreis, die allenfalls eine medizinische Notfallversorgung bekommen. Es gibt Menschen ohne Krankenversicherung.

Es gibt Geflüchtete, die nur eine eingeschränkte medizinische Versorgung bekommen. Auch der anonymisierte Krankenschein deckt nicht alle Personengruppen oder Leistungen ab. Die sog. Krankenversicherungspflicht in einigen EU- und etlichen anderen Ländern existiert oft nur auf dem Papier oder erfordert langwierige (Re-) Integrationsprozesse. Die Notfall-Versorgung funktioniert völlig unzureichend – die ohnehin überlasteten Krankenhaus-Notaufnahmen nähern sich dem Kollaps, Arztpraxen sind mit Abrechnungsschwierigkeiten überfordert.

Hinzuweisen ist auch auf etliche Versorgungslücken bzw. zeitraubende Überprüfungen bei der medizinischen Behandlung Asylsuchender. Akute und viele chronische Krankheitsfälle oder Geburten können aber nicht warten, Verzögerungen führen bekanntlich zu

Aggravierungen, inakzeptablem Leiden und vervielfachten Behandlungskosten. Betroffene wenden sich daher gleich an das Medinetz – aber gerade in diesen Fällen sind die Grenzen des freiwilligen oder sehr kostengünstigen Einsatzes von ÄrztInnen und Krankenhäusern rasch erreicht.

Die Verweigerung einer vom Aufenthaltsstatus unabhängigen Regelversorgung ist, aus welchen Gründen auch immer, inakzeptabel. Eine abgestufte medizinische Versorgung nach Herkunft, Nationalität, guter oder schlechter Bleibeperspektive, wie sie in Gesetze und Verordnungen gegossen ist und von Verwaltungen und Sozialämtern vollstreckt wird, ist nicht nur ein Hindernis für die Integration von MigrantInnen, sondern führt zu einer dramatischen Spaltung der Gesellschaft. Sie verstößt gegen die Menschenwürde und gegen das internationale Recht auf Gesundheit wie es im Artikel 25 der Allgemeinen Charta der Menschenrechte festgelegt ist. Wir treten für eine solidarische Kommune ein und kritisieren Gesetze und Verordnungen, die die Ungleichheit von Menschen begründen. Wir wollen „von unten“ ein Zeichen setzen und so einen Beitrag zum Zusammenhalt der Gesellschaft leisten.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Eckhard Fascher

Konrad Kelm